Marktcheck Notfallausrüstung: Wie gut sind Vorräte aus dem Internet?

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Fertig gepackte Notfallvorräte versprechen Sicherheit und sind bequem mit wenigen Klicks bestellbar - eine optimale Vorbereitung auf Krisen, sagen die Hersteller. Die Verbraucherzentrale Sachsen hat verschiedene Produkte und Notfallausrüstungen getestet. Fazit: Die Pakete sind zu großen Teilen überteuert und undurchdacht zusammengestellt.
Notfallvorrat Lebensmittel

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE:

  • Der Marktcheck der Verbraucherzentrale Sachsen hat Notfallpakete von 14 verschiedenen Online-Shops getestet.
  • Die meisten Notfallpakete decken weder den Energie- noch den Nährstoffbedarf eines Erwachsenen – insbesondere bei den vegetarischen und veganen Optionen.
  • Die Angebote aus den Online-Shops sind deutlich teurer als vergleichbare Produkte aus dem Supermarkt, ohne erkennenswerten Mehrwert.
  • Viele als Notfallkocher deklarierte Geräte sind nicht für den Einsatz in Innenräumen geeignet und erfordern Erfahrung im Umgang. 
  • Ein selbst zusammengestellter Vorrat aus Supermarktprodukten ist kostengünstiger und kann auf individuelle Bedürfnisse und Vorlieben angepasst werden.
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Wenn der Notfall eintritt: Offizielle Empfehlungen

In Deutschland ist die Lebensmittelversorgung äußerst zuverlässig. Versorgungsengpässe, etwa infolge von Unwettern oder Stromausfällen, sind trotzdem möglich. Das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) empfiehlt daher einen Lebensmittelvorrat für zehn Tage anzulegen. Die Maßgabe: Mindestens 2.200 kcal sowie zwei Liter Wasser pro Person sollten täglich verfügbar sein. Damit die Nahrung unabhängig von Strom- oder Gasversorgung zubereitet werden kann, sollte zudem eine Notfallkochstelle, z.B. in Form eines Campingkochers, vor Ort sein.

vorratsliste

Was wir getestet haben  

Zahlreiche Online-Shops haben sich auf das Thema Notfallvorsorge spezialisiert und bieten unter anderem Lebensmittelpakete an, die im Ernstfall eine vollständige Versorgung gewährleisten sollen – in Einzelfällen sogar für mehrere Wochen. Wir haben getestet, ob die verkauften Pakete eine praktische und sinnvolle Alternative zu individuell zusammengestellten Vorräten darstellen – und dabei vor allem auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Nährstoffzusammensetzung geschaut. Die technische Ausrüstung und Campingkocher wurden ebenso geprüft. 

Bedenkliche Konserven, überteuertes Trinkwasser – das ist drin in fertig gepackten Notfallpaketen
 

Langzeitlebensmittel: Haltbarkeit hat seinen Preis 

Sogenannte Langzeitlebensmittel in Dosen oder gefriergetrockneter Form werben mit leckerem Geschmack und Haltbarkeiten von bis zu 25 Jahren. Das macht sie im Vergleich zu Konservendosen aus dem Supermarkt teuer. Zudem enthalten einige der Produkte zu viel Salz.
 

Vergleich Online-Shops/ Einzelhandel

 

Auch die Verpackung kann zum Problem werden. Die Konservendosen sind oft mit dem potenziell gesundheitsschädlichen Stoff Bisphenol A belastet. Dieser sitzt in der Innenbeschichtung der Konserve. Einige Anbieter labeln ihre Verpackungen zwar als „BPA-frei“, das schließt allerdings die Verwendung anderer schädliche Bisphenole nicht aus. Sinnvoller wäre deshalb die Kennzeichnung „bisphenolfrei“. Keines der getesteten Produkte trug dieses Label. 

Hinweis: Mit Beginn des Jahres hat die EU BPA in Konserven und anderen Lebensmittelkontaktmaterialien verboten. Es gelten Übergangsfristen von 18 Monate

 

Komplettpakete: Zu viel Fleisch, zu wenig Obst und Gemüse

Die Notfallpakete für fünf bis zehn Tage versprechen einfache und ausgewogene Vorsorge, halten dieses Versprechen jedoch nicht. Keines der untersuchten Pakete erreicht die empfohlenen 2.200 kcal pro Tag. Auch die Nährstoffzusammensetzung ist oft unzureichend. Besonders bei den veganen und vegetarischen Varianten fehlen Fette und Eiweiße. Die Pakete, die nicht vegetarisch sind, enthalten deutlich mehr Fleisch als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen wird. Die Menge an Obst und Gemüse ist dafür in fast allen Fällen unzureichend. Auf die Tagesration umgerechnet kosten die Produkte im Durchschnitt 23,33 Euro, das teuerste sogar 50 Euro – unverhältnismäßig hohe Summen. Mit Supermarktprodukten lässt sich ein Vorrat (inklusive Wasser) für weniger als zehn Euro pro Tag zusammenstellen.Ration Notfallvorrat


Trinkwasser: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht

Abgepacktes TrinkwasserEin Wasservorrat ist besonders wichtig, da bei einem Notfall auch die Trinkwasserversorgung unterbrochen werden kann. Die angebotenen Trinkwasservorräte in Beuteln und Dosen kosten zwischen 2,95 und 8,10 Euro pro Liter. Im Vergleich dazu ist Mineralwasser aus dem Supermarkt für weniger als 1 Euro pro Liter erhältlich und nahezu unbegrenzt haltbar, wenn es richtig gelagert wird.


Notfallausstattung: Für Innenräume geeignet?

Im Falle eines Stromausfalls funktionieren viele technische Küchengeräte nicht mehr. Eine Notfallkochstelle soll in diesem im Fall Abhilfe schaffen. Dafür können z. B. handelsübliche Camping-Kocher verwendet werden. Man sollte ein Modell wählen, das auch für Innenräume geeignet ist – bei den Produkten im Test fehlte dazu jedoch ein konkreter Hinweis. Auch die Bedienungsanleitung war vor dem Kauf nicht einsehbar. 
Es ist wichtig, dass Notfallkocher in einem gut belüfteten Raum und auf einer feuerfesten Unterlage betrieben werden. Gasbetriebene Notfallkocher sind günstig und lassen sich meistens auch in der Wohnung nutzen, Spiritus- oder Esbit-Modelle hingegen oft nicht.
Esbit Notfallkocher

 

Fazit und Empfehlungen: Vorsorge muss nicht teuer sein

Die Verbraucherzentrale Sachsen rät von vorgepackten Notfallpaketen und spezialisierten Online-Produkten ab. Ein individuell zusammengestellter Vorrat aus Supermarktartikeln ist nicht nur kostengünstiger, sondern auch besser an die persönlichen Bedürfnisse anpassbar. Außerdem können Faktoren wie Regionalität und Saisonalität in die Kaufentscheidungen miteinbezogen werden.

Das entscheidende Prinzip: Der selbst angelegte Vorrat sollte regelmäßig genutzt und kontinuierlich erneuert werden – lebendig bleiben. Ältere Lebensmittel werden zuerst verbraucht, sodass nichts verdirbt und der Vorrat stets frisch bleibt. Dadurch wird der Notfallvorrat nicht zu einem ungenutzten Staubfänger und Teil der alltäglichen Ernährung.

Tipp: Unabhängig von kommerziellen Produkten besser auf staatliche Checklisten zur Vorratserstellung zurückzugreifen und regelmäßig über die offiziellen Empfehlungen informieren. 

>>> Den kompletten Marktcheck gibt es hier.

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