Fake-Rezensionen in Onlineshops – Nahrungsergänzungen sind betroffen

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Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln gelten Rezensionen anderer Käufer:innen für viele als verlässliche Informationsquelle über die Qualität eines Produkts. Doch kann man ihnen trauen?
Bewertung im Internet

Das Wichtigste in Kürze:

  • Rezensionen und Sterne-Bewertungen im Internet sind häufig nicht neutral. Firmen können positive Bewertungen über Bewertungsvermittlungen kaufen oder bieten Rezensent:innen Produkte zu vergünstigten Konditionen oder gar ganz umsonst an.
  • Nur wenige Onlineportale gehen bisher aktiv gegen Fake-Rezensionen vor.
  • Behördliche Untersuchungen bestätigen dies. Für aktiven Verbraucherschutz fehlen gesetzliche Regelungen
  • Bleiben Sie kritisch, wenn andere "Käufer:innen" wundersame Heilungen oder euphorisch positive Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln beschreiben.
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Rezensionen im Internet – die Tricks der Onlineshops

Vor dem Kauf eines Produkts im Internet die Rezensionen anderer Nutzer:innen lesen, um eine auf realistischen Einschätzungen basierende Kaufentscheidung zu treffen – wer tut das nicht? Viele Menschen vertrauen bei der Suche nach einem Produkt oder einer Dienstleistung auf die Bewertungen anderer Nutzer:innen. Aus Sicht der Verkäufer sind positive Rezensionen ein wichtiges Instrument zur Umsatzsteigerung. Doch kann man sich auf die Unabhängigkeit der Rezensionen in Onlineshops wirklich verlassen? Nein, wie sowohl eine Untersuchung der Stiftung Warentest als auch die Marktbeobachtungen der Verbraucherzentralen bestätigt haben.

Längst hat sich quer durch alle Produktgruppen ein System etabliert, bei dem gezielt positive Produktbewertungen generiert werden. Wie funktioniert das?

Potenzielle Käufer:innen bekommen für Produkttests vergünstigt oder kostenlos Waren. Im Gegenzug schreiben sie eine positive oder nur scheinbar kritische Bewertung. Das gab es schon immer. Die wenigen seriösen Bewertungsvermittlungen werden allerdings zunehmend von unseriösen "5-Sterne-Garantie"-Angeboten in den sozialen Netzwerken verdrängt. Oder aber es werden direkt positive Rezensionen verfasst und diese über ein Abrechnungssystem finanziell vergütet. Dass Objektivität hier keine Rolle mehr spielt, ist offensichtlich. Umgekehrt wird Nutzer:innen, die negative Urteile abgeben, mit juristischen Konsequenzen gedroht.

Eine Untersuchung des Bundeskartellamts von 60 großen Internetportalen bestätigt, dass nur einzelne Portale spezifische Filter zur Identifizierung von gefälschten Bewertungen einsetzen und diese systematisch sanktionieren. Häufig werden Nutzerbewertungen auch durch Portale verzerrend gefiltert und negative Rezensionen einfach auf den hinteren Seiten platziert.

Wettbewerbsrechtlich gesehen ist es verboten, mit gefakten oder gefälschten Verbraucherbewertungen zu werben. Anfang 2022 veröffentlichte die EU-Kommission die Ergebnisse eines EU-weiten Website-Screenings von Online-Kundenbewertungen. Demnach ließen fast zwei Drittel der analysierten Online-Shops, Marktplätze, Buchungswebsites, Suchmaschinen und Preisvergleichsdienste Zweifel an der Zuverlässigkeit der Bewertungen aufkommen.

Inzwischen reagieren auch die Marktplätze: Laut Amazon wurden in 2022 vom Unternehmen mehr als 200 Millionen mutmaßliche Fake-Rezensionen gestoppt. Das ist schon eine erhebliche Zahl, allerdings wurden in dieser Zeit auch etwa 1,5 Milliarden Rezensionen und Bewertungen abgegeben.

Der EU-Justizkommissar Reynders erklärte dazu: „Insbesondere müssen Online-Unternehmen ihren Kunden klare und erkennbare Informationen über die Zuverlässigkeit solcher Bewertungen zur Verfügung stellen. Die heutigen Ergebnisse sind ein klarer Aufruf zum Handeln. Wir werden dafür sorgen, dass das EU-Recht eingehalten wird." Hier tut sich also in absehbarer Zeit etwas. Bis dahin hilft es nur, besonders aufmerksam zu sein und Bewertungen kritisch zu hinterfragen.

Neu ab 28. Mai 2022: § 5b Abs. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb)

Die Bundesregierung will Verbraucherinformationen bei Online-Käufen verbessern. Macht ein Unternehmen nach dem neuen Gesetz Verbraucherbewertungen öffentlich, so muss es den Verbraucher:innen mitteilen, wie es die Authentizität der Bewertungen sicherstellt.
Irreführung über die Echtheit von Bewertungen sowie gefälschte Bewertungen gelten dann als unzulässige geschäftliche Handlungen.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat sich im Juni 2022 (TOP 44) dafür ausgesprochen, dass der Handel mit gefälschten Verbraucherbewertungen (manipulierten oder gekauften positiven) im Internet künftig strafbar sein soll. und auch Bußgelder verhängt werden können. Der seit Mai 2022 geltende neue Abschnitt im UWG (siehe Kasten oben) sei nicht ausreichend, weil ausschließlich zivilrechtliche Sanktionen keine ausreichende präventive Wirkung entfalten würden. Der Bund wurde gebeten, einen Straf- oder Bußgeldtatbestand in das UWG aufzunehmen.

Nahrungsergänzungsmittel sind häufig betroffen

Auch im Marktsegment Lebensmittel, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel gehören, fällt auf, dass viele Produkte außergewöhnlich häufig positiv bewertet werden. Laut Redaktionsnetzwerk Deutschland stechen sie besonders bei Amazon, einem der größten Online-Marktplätze für Nahrungsergänzungsmittel, hervor.

So berichten "Käufer" in ihren Rezensionen von "unglaublichen Wirkungen" oder "großartigen Erfolgen", etwa bei der Gewichtsabnahme, die sie durch die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels erzielen konnten. Entsprechend positiv bewerten sie die Produkte. Solche unechten oder "Fake"-Rezensionen sind bei Nahrungsergänzungsmitteln besonders problematisch.

Für sie sind Werbeaussagen, die sich auf Krankheiten beziehen, grundsätzlich verboten, wie etwa "Hilft gegen Migräne". Nur solche gesundheitsbezogenen Werbeaussagen sind zulässig, die von der EU genehmigt wurden. Zum Beispiel "Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei".

Da Rezensionen vom Recht der freien Meinungsäußerung geschützt sind, können so Aussagen gemacht werden, mit denen Anbieter ihre Produkte nicht direkt bewerben dürfen.

Woran Sie falsche Bewertungen erkennen

Zu gut, um wahr zu sein? Dann ist es auch nicht wahr. Überprüfen Sie selbst, ob Ihnen die in den Rezensionen beschriebenen "Wirkungen" realistisch erscheinen. Ein "hat wunderbar gewirkt" ist schnell geschrieben, auch ohne dass man die Produktbeschreibung überhaupt gelesen hat. Häufig sind diese Bewertungen nicht authentisch. Seien Sie misstrauisch, wenn Sie auch auf den hinteren Seiten keine neutralen oder negativen Rezensionen finden, obwohl ein Produkt durch viele Nutzer:innen bewertet wurde.

Inzwischen muss man auch damit rechnen, das Bewertungen durch künstliche Intelligenz wie ChatGPT verfasst wird. Aufgrund der speziellen Algorithmen dahinter, liest man durchaus auch 'mal Behauptungen, Zitate, Institute oder Fachzeitschriften, die es tatsächlich gar nicht gibt.

Wie können Sie sich schützen?

  • Der psychologische Effekt positiver Rezensionen auf Kaufinteressierten ist groß. Eine Beeinflussung der Kaufentscheidung ist – selbst wenn uns das Risiko unechter Bewertungen bewusst ist – sehr wahrscheinlich.
  • Seien Sie misstrauisch, wenn in den Bewertungen zu Nahrungsergänzungsmitteln Aussagen zu Krankheiten oder geistigen bzw. körperlichen Leistungssteigerungen gemacht werden.
  • Bemerkungen wie "leider ist es wegen EU-Bestimmungen/per Gesetz verboten, etwas über die Wirkung des Produktes zu sagen" zeugen eher nicht von Seriosität.
  • Vertrauen Sie vor dem Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln besser auf die individuelle Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsberatung oder ein ärztliches Gespräch oder in Apotheken, möglichst mit Zusatzqualifikation "Ernährungsberatung".
  • Bestellen Sie Produkte, die Sie nicht auch im stationären Handel erwerben können, nicht in Online-Shops oder auf Online-Marktplätzen. Oft bieten diese Produkte an, die nicht verkehrsfähig sind.
  • Falls Sie doch dort kaufen, vergleichen Sie die Produkte unterschiedlicher Anbieter und nutzen Sie unabhängige Informationsangebote jenseits der Anbieterseite für Ihre Einschätzung.

 

Quellen


Stiftung Warentest: Fake-Bewertungen Wie Verkäufer mit gekauftem Lob Kunden manipulieren. Stand: 23.06.2020 (abgerufen am 13.06.2024)

Verbraucherzentrale Bundesverband: Kein Verlass auf Online-Bewertungen. Stand: 16.02.2022 (abgerufen am 13.06.2024)

Bundeskartellamt identifiziert Probleme bei Nutzerbewertungen. Stand: 18.06.2020 (abgerufen am 13.06.2024)

EU-Kommission: Schutz der Verbraucher vor irreführenden Bewertungen: 55 % der überprüften Websites verstoßen gegen EU-Recht. Stand: 20.01.2022 (abgerufen am 13.06.2024)

Bundesregierung: Mehr Schutz auf Online-Marktplätzen. Stand: 14.12.2021 (abgerufen am 13.06.2024)

Grimm I; Rathcke J (Redaktionsnetzwerk Deutschland): Krieg der Sterne: Das Geschäft mit gefälschten Amazon-Bewertungen. Stand: 16.03.2020 (abgerufen am 13.06.2024)

Protokoll der 18. Verbraucherschutzministerkonferenz am 17.06.2022

Hilescher H: Amazon stoppt 200 Millionen Fake-Bewertungen. Wirtschaftswoche online, 13.06.2023

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